ŠKODA 180 RS und 200 RS (1974): Rallye-Fahrzeuge aus einer anderen Liga

Bevor der legendäre ŠKODA 130 RS erst die tschechoslowakischen und dann auch die internationalen Renn- und Rallye-Pisten eroberte, vertraten die Coupés ŠKODA 180/200 RS den Automobilhersteller aus Mladá Boleslav im Rallye-Sport. Bis heute bezeichnet ŠKODA die sportlichen Varianten seiner Modelle mit dem Zusatz ,RS‘ (Rallye Sport). Neben der kompletten Auswahl an Bildern zu dieser Pressemitteilung auf dem Medienportal skoda-media.de steht auch eine 32-seitige Broschüre in englischer Sprache zu verschiedenen Themen aus 120 Jahren ŠKODA Motorsport bereit. Anfang der 1970er-Jahre erkannte man in Mladá Boleslav, dass bei den anspruchsvollen Rallyes gegen die internationale Konkurrenz mit Motoren bis zu 1.300 ccm Hubraum – wie etwa im ŠKODA 120 S Rallye – langfristig kein Erfolg möglich sein würde. Bald darauf fiel die Entscheidung, ein Rallye-Fahrzeug mit entsprechend großem Hubraum zu entwickeln.

ŠKODA 180 RS und 200 RS

Als Basis für die Umsetzung dieses anspruchsvollen Projekts diente das ŠKODA 110 R Coupé mit dem Aluminiummotor Š 720. Dieser verfügte über eine moderne OHC-Ventilsteuerung und entstand in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre für den gleichnamigen Prototypen. Außerdem nutzten die Konstrukteure die beim Aufbau des ŠKODA 120 S Rallye gewonnenen Erfahrungen: Die Technik dieser beiden Fahrzeuge sollte in einem neuen Modell kombiniert werden. Erste entsprechende Prototypen waren bereits 1971 fahrbereit und nutzten die Karosserien des Š 1000 MB und des Š 100 L. Zu Testzwecken verbaute man hier das Fünfganggetriebe aus den damaligen Tatra 603-2 Rennwagen. Jaroslav Bobek und Bořivoj Kořínek fuhren diese Prototypen auf Rennstrecken, Oldřich Horsák und Jiří Motal lenkten sie über Rallye-Pisten.

Die Hauptverantwortung für die Entwicklung der Karosserie trug der Konstrukteur und Pilot Jiří Šedivý, der den Š 110 R B5 für die Saison 1973 aufbaute. Das Fahrzeug verfügte über ein um 7,5 Zentimeter tieferes Dach und eine niedrigere Windschutzscheibe. Dach und Fronthaube waren aus 0,7 Millimeter dickem Aluminiumblech gepresst, insgesamt wog das Fahrzeug 85 Kilogramm weniger als die Serienversion.

Im Laufe der Entwicklungsphase standen die Konstrukteure bei dem Projekt jedoch vor einigen Herausforderungen. So erwies sich etwa der vor der Hinterachse eingebaute Motor bei den Tests des ŠKODA 110 R auf der Rundstrecke als Nachteil. Den Eindruck der Fahrer, dass das Auto zu deutlichem Untersteuern neige, bestätigten auch die Simulationen der Schwerpunktverschiebung am Computer. Nach der finalen Auswertung der Tests begannen die Arbeiten im Oktober 1973 und schon sieben Monate später stand der erste Wagen am Start.

Das Skelett des Š 110 R – mit dem bereits bewährten abgesenkten Dach und Seitenteilen, die auf Höhe der Schweller entsprechend gekürzt wurden – bildete die Basis des neuen Rallye-Coupés. Hier wurde der Sicherheitskäfig integriert, der die Struktur versteifte, die Torsionssteifigkeit erhöhte und die Insassen bei einem Aufprall schützte. Auch am Vorderwagen nahm man Modifikationen vor, sodass ein Luftröhrenkühler mit Ausströmungsöffnungen an der Fronthaube eingebaut werden konnte. Außerdem setzten die Konstrukteure auf einen Frontspoiler, den sie damals wissenschaftlich als ,Auftriebsstörer‘ bezeichneten.

Das an die Karosserie genietete Dach war aus Aluminiumblech gepresst, die Fronthaube bestand aus dem gleichen Material. Für die Motorhaube setzten die Entwickler auf glasfaserverstärkten Kunststoff, der es erlaubte, die Heckpartie des Coupés mit Lüftungsöffnungen zu versehen und den typischen Flügel mit Abrisskante zu modellieren. Besonders auffällig waren die verbreiterten Kotflügel: In den Radhäusern fanden breite Rallye-Reifen im Format 7-8 Zoll × 13 Zoll vorne und 7-10 Zoll x 13 Zoll hinten auf zweiteiligen Magnesiumfelgen Platz. Vorn sorgten Girling-Scheibenbremsen für die nötige Verzögerung, hinten kamen die Standard-Trommelbremsen des ŠKODA 110 zum Einsatz. Diese wurden bei einem der Modelle im Laufe der Entwicklung ebenfalls durch Scheibenbremsen des britischen Herstellers Girling ersetzt.

Lesen Sie auch:  Foto & Video: 585PS Mercedes-AMG GT R (GTr) in Green Hell Magno

Die Vorderachse basierte auf dem Pendant des ŠKODA 120 S, für eine breitere Spur wurden die Querlenker verlängert und verstärkt, außerdem wurde die Lenkung angepasst. Die Hinterräder waren an Dreieck-Querlenkern aufgehängt, auf diese Weise ließen sich Sturz und Spur einstellen. Für die Federung des ŠKODA Rallye-Fahrzeugs sorgten klassische Spiralfedern, die maßgearbeiteten Teleskopstoßdämpfer von Koni Sport waren einstellbar.

Das Š 720-Triebwerk ermöglichte es, einen Motor zu konstruieren, den Hubraum allerdings variabel zu halten, was die Konstrukteure auch entsprechend ausnutzten. Der kleinere der Vierzylindermotoren verfügte über einen Hubraum von 1.772 ccm, der größere über 1.997 ccm. Dafür sorgte bei identischer Bohrung von 87 Millimetern ein unterschiedlicher Hub der Kurbelwelle von 74,5 respektive 84 Millimetern. Die Triebwerke verfügten über eine Trockensumpfschmierung und die Modellbezeichnung ergab sich jeweils aus dem Hubraum: Der Wagen mit kleinerem Motor, der mit einem Weber 45 DCOE 2 Doppelvergaser eine Höchstleistung von 154 PS bei 6.250 U/min erreichte, erhielt die Bezeichnung 180 RS. Das Fahrzeug mit Zweiliter-Motor, der bei 6.000 U/min auf 163 PS kam, erhielt den Namen 200 RS. Auf der Suche nach einem geeigneten Getriebe entschieden sich die Konstrukteure für das handgeschaltete Porsche-Fünfganggetriebe vom Typ 915.003.133 und eine Einlamellenkupplung mit Tellerfeder von Fichtel & Sachs.

Im Ergebnis kamen die sehr leichten Rallye-Fahrzeuge auf ein Gewicht von etwas über 800 Kilogramm und erzielten je nach Gesamtübersetzung Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 240 km/h. Seinen ersten Einsatz hatte der 200 RS bei der IDA Rallye in der damaligen Tschechoslowakei im Mai 1974, es folgte die Barum Rallye mit zwei Fahrzeugen sowie die Rallye ŠKODA in Mladá Boleslav, bei der die drei rot-weiß-lackierten Fahrzeuge am 1. Juni 1974 gemeinsam starteten.

Insgesamt entstanden zwei Fahrzeuge vom Typ ŠKODA 200 RS und ein ŠKODA 180 RS. Zunächst deutete alles darauf hin, dass die Konstrukteure einen Top-Rallye-Wagen entwickelt hatten, der den Vergleich mit den erfolgreichsten Fahrzeugen im Motorsport nicht hätte scheuen müssen. Doch es kam anders: Änderungen im Reglement setzten der Karriere von 180 RS und 200 RS ein jähes Ende: Die neuen Vorschriften schlossen die Homologation von Rallye-Prototypen aus, stattdessen sollten Fahrzeuge auf Basis von Serienmodellen antreten.

In der Folge bauen die Konstrukteure in Mladá Boleslav den Nachfolger 130 RS auf. Als technische Grundlage griffen sie auf den ŠKODA 110 R zurück und nutzten dabei auch ihre Erkenntnisse und Erfahrungen mit dem 180 RS und 200 RS. Das nur 720 Kilogramm schwere Fahrzeug mit Heckantrieb und einem 140 PS starken 1,3-Liter-Motor wurde schnell zum Erfolgsmodell und ließ die Konkurrenz bis 1983 auf Rallye-Pisten ebenso hinter sich wie auf der Rundstrecke.

Oder interessiert euch speziell alles rund um den Hersteller Skoda?

Leistungsvielfalt: H&R Sportfedern für den Skoda Octavia Hybrid / RS

Skoda Octavia jetzt auch als Sportline und Plug-in-Hybrid!

Ein Tscheche in Le Mans: der historische Skoda Sport!

ŠKODA 180 RS und 200 RS (1974): Rallye-Fahrzeuge aus einer anderen Liga
Bildnachweis: Škoda

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Interessante Themen

11,350,000FansGefällt mir
251,000FollowerFolgen
9,600FollowerFolgen
457,000FollowerFolgen
137,000FollowerFolgen
52,000AbonnentenAbonnieren

Letzte Artikel

Hongqi zeigt elektrischen Hardcore-Offroader auf der Auto Shanghai 2025

Hongqi mischt jetzt auch bei den Offroadern mit – und zwar vollelektrisch und mit ordentlich Selbstbewusstsein. Auf der Auto Shanghai 2025 wurde das erste High-End-New-Energy-Offroad-SUV...

VANSPORTS Mercedes Sprinter 907/910 mit Offroad-Make-over

Nicht erst seit 30 Jahren steht der Sprinter als Synonym für flinke Kleintransporter. Und mit der Wildboar-Frontschürze von VANSPORTS.DE bekommt die aktuelle Baureihe 907/910...

Yamaha Tricity 300 (2025): Dreirad-Scooter für den Stadtverkehr!

Der Yamaha Tricity 300 für das Modelljahr 2025 setzt auf das bewährte Konzept eines dreirädrigen Scooters, das besonders im Stadtverkehr für mehr Stabilität und...
00:06:18

Hondas großer Umbruch: Elektro-Offensive in Ohio mit XXL-Invest!

Honda zieht die Konsequenzen aus den weltweiten Veränderungen im Automobilsektor und stellt sich konsequent auf Elektrofahrzeuge ein. In Ohio entsteht ein hochmodernes Produktionszentrum, das nicht...

Frisch den Führerschein? 5 Tuning-Fallen, die dich den Versicherungsschutz kosten können

Ein paar Millimeter Tieferlegung, andere Felgen, dazu ein kerniger Sound: Für viele Fahranfänger beginnt die Freiheit nicht mit dem Führerschein, sondern mit dem ersten...
00:03:42

Ekxbike X21 Max – Elektro-Zweirad mit Motorrad-Power!

Ein Zweirad mit Pedalen, das mehr kann als ein normales E-Bike: Das Ekxbike X21 Max mischt die Grenzen zwischen Fahrrad und Elektromotorrad auf. Das Ekxbike...

30-, 60-, 90-K Checklist: Maintenance Myths That Can Kill a European Performance Warranty

Your European car came with a promise: top performance backed by a factory warranty. But common myths about car care could void that coverage...

5 Essential Signs Your Car Tires Need Immediate Attention

Your tires are literally where the rubber meets the road—the only point of contact between your vehicle and the pavement. Despite their critical importance...