Mit speziellen Abteilungen wie der SOKO „Autoposer“ steht das Thema Tuning am Fahrzeug immer mehr im Fokus. Die spezialisierten Dienststellen und Konzepte dienen zur Feststellung und Ahndung von illegalen Umbauten. Die StVZO beinhaltet für Fahrzeuge mit deutscher Zulassung diverse Ausrüstungsvorschriften, jedoch zieht nicht jede Zuwiderhandlung das Erlöschen der Betriebserlaubnis nach sich.
Definition der Betriebserlaubnis
Unter anderem darf ein Fahrzeug, welches der Zulassungspflicht unterliegt, gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 FZV in Deutschland nur dann zugelassen werden, wenn es einem genehmigten Typ entspricht oder eine Einzelgenehmigung vorliegt. Die Betriebserlaubnis mit den technischen Voraussetzungen für das Fahrzeug gemäß § 19 Abs. 1 StVZO muss bei der Zulassungsbeantragung vorliegen. Erst dann ist eine Zulassung überhaupt möglich. Die Betriebserlaubnis wird also nicht erst mit der Zulassung erteilt.
Genehmigte Typen / Einzelgenehmigungen
Genehmigter Typ
- Mit Blick auf die Vielzahl an Zulassungen ist es nahezu unmöglich, für jedes einzelne Fahrzeug eine gesonderte Zulassung einzuholen. Deswegen gestattet die § 20 StVZO den Herstellern von Fahrzeugen für die serienmäßige Herstellung („reihenweise zu fertigende/gefertigte Fahrzeuge“) die Erteilung einer allgemeinen Betriebserlaubnis mit allgemeiner Gültigkeit für die gleichen Fahrzeuge auf eigene Kosten. Wenn etwa BMW einen neuen 3er auf den Markt bringt, dann holt der Autobauer dafür lediglich eine Betriebserlaubnis ein, die dann für alle identischen Fahrzeuge des Typs gilt.
Einzelgenehmigung
- Entspricht das Fahrzeug keinem genehmigten Typ, muss bei der Landesbehörde eine einzelne Betriebserlaubnis beantragt werden (§ 21 StVZO), welche das Gutachten eines technischen Dienstes oder amtlich anerkannten Sachverständigen erfordert. Diese speziellen Prüfungen sind umfangreich, kostspielig und zum Glück die Ausnahme.
Gründe für das Erlöschen einer Betriebserlaubnis
Die Betriebserlaubnis hat nach § 19 Abs. 2 S. 1 StVZO unbefristete Gültigkeit. Bei der Abmeldung und Neuzulassung ist keine neue Betriebserlaubnis erforderlich. Ein Erlöschen der Betriebserlaubnis ist etwa dann möglich, wenn eine bewusste Änderung (kein Verschleiß) am Fahrzeug vorgenommen wird (§ 19 Abs. 2 S. 2 StVZO) und darüber hinaus mindestens eine der folgenden Änderungen vorliegt.
Änderungen der erlaubten Fahrzeugart (§ 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 StVZO)
- Die Festlegung des Fahrzeugtyps (z.B. Pkw, Lkw, Mofa) erfolgt mit der Betriebserlaubnis und kann den Fahrzeugpapieren respektive der Betriebserlaubnis entnommen werden. Die Betriebserlaubnis erlischt, wenn am Fahrzeug beispielsweise die folgenden Änderungen vorgenommen werden:
Mofa
- Wird an einem Mofa-25 die Drossel für die Geschwindigkeit entfernt, wird daraus ein Roller-45 und somit ist die Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmern (§ 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 StVZO) gegeben. Es handelt sich zwar um keine konkrete Gefahr, jedoch um die Möglichkeit einer Gefährdung im Sinn eines Beinahe-Unfalls, welche mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten kann. Nur die Möglichkeit, dass es zu einer Gefährdung kommen könnte, reicht allerdings nicht aus. Diese muss mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten.
Tönungsfolien
- Bei der Anbringung einer dunklen Tönungsfolie auf der Windschutzscheibe sowie an den vorderen Seitenscheiben kann eine Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmern durch die eingeschränkte Sicht erwartet werden. Mehr Infos dazu gibt es in unserem Beitrag „Tipp: Scheibentönung – Was ist erlaubt und was nicht?„.
Fahrtrichtungsanzeiger
- Wird das Fahrzeug etwa im US-Look umgebaut, sodass die Fahrtrichtungsanzeiger im Frontbereich dauerhaft leuchten, gilt das zwar als Zuwiderhandlung gegen die Ausrüstungsvorschriften, jedoch ist keine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmern zu erwarten.
Änderung von Geräuschen und Abgasverhalten
Bewusst vorgenommene Veränderungen am Fahrzeug beim Geräusch- und/oder Abgasverhalten, welche zu einer Verschlechterung führen (§ 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO), sind:
- Entfernen des DB-Eaters aus dem Schalldämpfer
- Bohrlöcher in der Abgasanlage
- Entfernen des Katalysators (KAT-Attrappe)
Was genau es beim Tuning am Auspuff zu beachten gilt, das ist in unseren Beiträgen „Ist eine Eigenbau Performance-Auspuffanlage legal?„, „Tuning am Auspuff – was ist eigentlich noch erlaubt?“ und dem Beitrag „Aufklärung – Klappenauspuff legal, oder nicht? Die Infos!“ erörtert.
Kein eigenständiges Erlöschen bei unterlassener Prüfabnahme
Die Auffassung, dass die Betriebserlaubnis nach § 19 Abs. 3 S. 2 StVZO auch ohne Vorliegen der oben genannten Tatbestände aus § 19 Abs. 2 StVZO nach dem Einbau eines zugelassenen Zubehörs erlischt, wenn Einschränkungen nicht beachtet werden und keine Prüfabnahme durchgeführt wurde, ist nicht richtig. Man nimmt einen unabhängigen, vierten Erlöschungstatbestand einfach an. Im § 19 Abs. 3 StVZO ist nur festgehalten, dass, falls durch den Einbau von Zubehör ein Erlöschungstatbestand des § 19 Abs. 2 StVZO eingetreten ist, die Betriebserlaubnis ausnahmsweise nicht erlischt, wenn die Einbauanweisungen und Einschränkungen in der Bauartengenehmigung oder der Betriebserlaubnis für die Teile eingehalten wurden (etwa durch eine Prüfabnahme).
Bestimmte Voraussetzungen erlauben durch den Einbau von Zubehör die Änderungen des Fahrzeugtyps, vom Abgas oder Geräuschverhalten, ohne dass die Betriebserlaubnis erlischt. Die Betriebserlaubnis erlischt lediglich dann, wenn die Anweisungen zum Einbau sowie die Einschränkungen nicht beachtet wurden (Ausnahme von der Ausnahme). Die Voraussetzung dafür ist aber, dass der Erlöschungstatbestand überhaupt gegeben ist (§ 19 Abs. 2 StVZO).
Beispiel
- Werden im Fahrzeug etwa Gewindefedern oder Sportfedern einbaut, ist keine direkte Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmern zu erwarten und es liegt keine Änderung des Fahrzeugtyps oder dem Geräusch- und Abgasverhalten vor. Die Unterlassung der Prüfabnahme, welche im Teilegutachten vorgeschriebenen ist, hat kein direktes Erlöschen der Betriebserlaubnis zur Folge, da der Tatbestand der Eröffnung gemäß § 19 Abs. 2 StVZO nicht gegeben ist.
Rechtliche Folgen bei der Erlöschung von der Betriebserlaubnis
Die erloschene Betriebserlaubnis ist eine Ordnungswidrigkeit und führt zu verwaltungsrechtlichen Folgen. Wer ein Fahrzeug fährt, es zulässt etc., obwohl die Betriebserlaubnis (BE) erloschen ist, der macht sich laut BKatV einer Ordnungswidrigkeit schuldig:
Inbetriebnahme des Fahrzeugs trotz erloschener Betriebserlaubnis
Fahrzeug trotz erloschener BE genutzt | Fahrer | Halter |
Grundtatbestand | 50 Euro Strafe | 50 Euro Strafe |
Verkehrssicherheit stark beeinträchtigt | 90 Euro Strafe, 1 Punkt, B-Verstoß | 135 Euro Strafe, 1 Punkt, B-Verstoß |
Verkehrssicherheit stark beeinträchtigt (Lkw od. Omnibus) | 180 Euro Strafe, 1 Punkt, B-Verstoß | 270 Euro Strafe, 1 Punkt, B-Verstoß |
Umwelt stark beeinträchtigt | 90 Euro Strafe | 135, Euro Strafe |
Umwelt stark beeinträchtigt (Lkw od. Omnibus) | 180 Euro Strafe | 270 Euro Strafe |
Der Beweissicherung kommt, mit Ausnahme, wenn die Zuwiderhandlung bar vor Ort verwarnt wird, eine hohe Bedeutung zu. Oft genügen bereits ein paar Fotos durch die Polizei, in schwierigen Fällen kann aber auch die Beschlagnahmung respektive Sicherstellung des Fahrzeugs nach. § 94 Abs. 1 oder Abs. 2 stopp i.V.m. § 46 OWiG als Beweis notwendig sein. Zudem ist auch der Zweck der Fahrt entscheidend, da gemäß § 19 Abs. 5 S. 2 StVZO Fahrten mit erloschener Betriebserlaubnis noch gestattet sind.
Notwendige Neuerteilung der Betriebserlaubnis
- Die Erlöschung der Betriebserlaubnis hat nicht die Erlöschung der Zulassung zur Folge. Das Fahrzeug darf aber dennoch erst wieder genutzt werden, wenn die Betriebserlaubnis von der verantwortlichen Zulassungsstelle neu erteilt wurde. Und das erfolgt nach dem Rückbau der Veränderungen am Fahrzeug nicht automatisch, sondern bedarf gemäß § 21 StVZO, ähnlich einer Einzelgenehmigung, einem Vollgutachten, das der Zulassungsstelle vorgelegt wird.
Einschränkung von erlaubten Fahrten
- Grundsätzlich darf das Fahrzeug nach § 19 Abs. 5 S. 1 StVZO im öffentlichen Verkehr nicht mehr geführt werden. Jedoch sind Fahrten mit rotem Kennzeichen gemäß § 19 Abs. 5 S. 2 StVZO im unmittelbaren Zusammenhang mit der erneuten Erteilung der Betriebserlaubnis, etwa für die Fahrt zur technischen Prüfung, weiterhin zulässig. Es müssen dafür die bisherigen oder die erwähnten roten Kennzeichen genutzt werden. Ist vom Fahrzeug jedoch eine akute Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer zu erwarten, dann wird die Weiterfahrt polizeirechtlich in der Regel untersagt. Das gilt dann auch für Fahrten zur Wiedererlangung der Betriebserlaubnis.
Umbauten ohne Erlöschen von der Betriebserlaubnis
Sind, entgegen der Vorschriften, Umbauten vorgenommen worden, welche kein Erlöschung der Betriebserlaubnis zur Folge haben, wird gegebenenfalls eine Mängelkarte ausgestellt und die Zuwiderhandlung gegen die Ausrüstungsvorschriften der StVZO angezeigt.
Beispiel
- Folierung der Nebelscheinwerfer oder Tönung mit einem Spray. Das gilt zwar als Zuwiderhandlung gegen § 52 Abs. 1 StVZO, jedoch erlischt die Betriebserlaubnis nicht, da weder eine Änderung am Fahrzeugtyp vorgenommen wurde noch die Beeinträchtigung der Umwelt oder Verkehrssicherheit gegeben ist.
Änderungen an Fahrzeugen mit ausländischer Zulassung
Die StVZO gilt ausschließlich für Fahrzeuge mit Zulassung in Deutschland, mit Ausnahme der Vorschriften in § 31d StVZO. Wird an Fahrzeugen mit einer ausländischen Zulassung eine Veränderung vorgenommen, die beim Fahrzeug mit deutscher Zulassung zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führen würde, so kann eventuell ein Verstoß gegen § 23 StVO (Führen eines illegalen Fahrzeugs) vorliegen.
Das war es natürlich längst noch nicht gewesen.
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Ich suche eine Kanzlei für Verkehrsrecht. Ich habe ein KFZ, welches im US-Look umgebaut ist. Gut zu wissen, dass das keine Grundlage für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit gibt, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer vorliegt.