Mancher Verkehrssünder will nur zu gern seine Punkte verkaufen. Besonders dann, wenn er beispielsweise über eine rote Ampel gefahren ist und gleich drei Punkte zu erwarten hat. Ist das Punktekonto in Flensburg gefüllt, sehen Fahrer oftmals keinen anderen Ausweg, als einen Strohmann zu beauftragen, der einige Punkte freiwillig auf sich nimmt. Doch wie läuft das ab und ist das ganze überhaupt legal? Hier findet man die wichtigsten Antworten auf diese und weitere Fragen.
Wie läuft das überhaupt ab?
Eine scheinbar professionelle Variante ist die Kontaktaufnahme mit einer dubiosen Agentur oder Personen, die ihre „Dienste“ gewöhnlich im Internet anbieten. Es gibt sogar echte Agenturen, die professionell Punkte verkaufen und daraus ein Geschäft machen. Rechtlich gesehen glauben sie, dass sie aufgrund einer angeblichen Gesetzeslücke sicher sind. Zum Beispiel können Fahrer, die bereits zu viele Punkte auf ihrem Punktekonto in Flensburg haben, ihre Punkte über die entsprechenden Portale abgeben oder Punkte an andere Personen weitergeben, die sie nicht kennen (im Bekanntenkreis ist das allerdings auch möglich). Das Formular wird an die Vermittler der Agentur geschickt, die ihrerseits in ihren Akten nach einem geeigneten Kandidaten suchen. Dieser behauptet dann, das Verkehrsdelikt begangen zu haben und abschließend wird dann das Anhörungsformular dementsprechend ausgefüllt. Eine Vielzahl von Menschen kann so eingesetzt werden. Egal ob es nun Personen sind, die überhaupt kein Auto haben, die nicht alle ihre Punkte verbraucht haben oder die nichts gegen ein Fahrverbot haben. Darüber hinaus ist die Bezahlung auch verlockend, so dass der Handel mit Punkten für manch einen als zusätzliches Einkommen betrachtet werden kann.
Wie sieht der Punktehandel rechtlich aus?
Punkte für Geld zu übernehmen ist einfach und darüber hinaus ein scheinbar sicheres und lukratives Geschäft für alle Beteiligten, aber natürlich ist der Handel mit Punkten illegal, wenn es sich um MEHR als eine Ordnungswidrigkeit handelt! Polizei, Rechtsanwälte und der ADAC warnen deshalb ausdrücklich vor dem Punktehandel in Flensburg. Wer sich darauf einlässt, riskiert viel mehr als nur den vermeintlichen Verlust des Führerscheins. Sowohl der eigentliche Verkehrssünder als auch der Strohmann, werden nach § 271 des Strafgesetzbuches (StGB) der gängigen indirekten Falschbescheinigung aus, strafrechtlich verfolgt. Dabei kann der Verkehrssünder, der den Strohmann dafür bezahlt, dass er in seinem Anhörungsbogen Falschaussagen macht, im Falle einer Verurteilung mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen. Seitens der Juristen werden die Praktiken scharf verurteilt. Denn wie sie mitteilen, besteht ein großes öffentliches Interesse daran, dass die in einem Bußgeldbescheid festgelegten Strafen – insbesondere die Flensburger Punkte – auch die wirklichen Verkehrssünder treffen. Es versteht sich von selbst, dass im Falle der Aufdeckung von Betrug die Flensburger Punkte natürlich auf das richtige Konto wandern. Der Strohmann kann natürlich nicht wegen des Verkehrsdelikts verurteilt werden, aber er kann wegen des Handels mit Punkten verurteilt werden.
Wie hoch ist das Risiko aufzufliegen?
Obwohl es klar ist, dass der Punktehandel ernsthafte Konsequenzen haben kann, ist es für die Behörden sehr schwierig, den illegalen Handel mit Punkten aufzudecken. Oft ist die Unterbesetzung das Problem und deswegen wird angesichts der Masse der Einzelfälle in der Regel nicht mehr nachgehakt. Bei mehreren Millionen Bußgeldbescheiden (allein 2018 waren es laut Kraftfahrt-Bundesamt ca. 4,5 Millionen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr) kann schlicht keine Einzelprüfungen vorgenommen werden. Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, beim Punktehandel nicht entdeckt zu werden. Hat jedoch ein dafür zuständiger Beamter einen Verdacht, ist es ihm möglich, vom zuständigen Standesamt ein Ausweisfoto des Verkehrssünders zu erhalten, damit ein genauer Vergleich vorgenommen werden kann. Aber auch hier kommt es auf Schnelligkeit an. Immerhin bleiben nur noch drei Monate, um ein Verfahren einzuleiten. Danach tritt die Verjährungsfrist in Kraft und jede weitere Strafverfolgung wird blockiert. Dennoch sollte vom Punktehandel unbedingt Abstand gehalten werden!
zusammenfassend die wichtigsten Infos zum Punktehandel:
- Punktehandel ist illegal
- Punktehandel-Agenturen nutzen die Existenzangst der Verkehrssünder aus
- Punkte und Fahrverbote werden gegen teils horrende Summen von bis zu 1.000 € in Vorkasse „umgeschrieben“ (Gebühren für Punkte, Fahrverbote, Bearbeitungsgebühr, Bußgeld nicht inbegriffen)
- die Punkte werden auf Personen überschrieben, die keinen Führerschein benötigen, kaum Punkte haben etc.
- Agenturen achten darauf, Personen zu finden, die bezüglich Geschlecht, Alter, Aussehen usw. der Person auf dem Blitzerfoto ähneln
Anhörungsbogen, aus dem Bußgeldbescheid, wird vom Strohmann ausgefüllt
die Wahrscheinlichkeit erwischt zu Werdens ist vergleichsweise gering - Wie ist der Ablauf?
Schritt 1. Strohmann muss zustimmen die Punkte zu übernehmen (er muss im Anhörungsbogen mit der Unterschrift zugeben, den Verkehrsverstoß begangen zu haben und bestätigen zum Tatzeitpunkt der Fahrer vom betreffenden Fahrzeug gewesen zu sein)
Schritt 2. Strohmann sieht dem tatsächlichen Fahrer oftmals ähnlich damit das Blitzerfoto übereinstimmt
Schritt 3. Bußgeldverfahren gegen den echten Verursacher wird eingestellt
Schritt 4. Bußgeldverfahren wird gegen den Strohmann eröffnet
Schritt 5. Bußgeld wird nicht vom Strohmann bezahlt
Schritt 6. ist der Betrug geglückt, bekommt der Strohmann die Punkte auf sein Punktekonto in Flensburg - der Punktehandel findet oft auch ohne Agentur im Freundes-, Bekannten- und Familienkreis statt
- Agenturen nutzen die Aussage: „Es ist nicht strafbar sich selbst einer Ordnungswidrigkeit zu bezichtigen.“
- die rechtliche Situation: „Verkehrssünder und Personen, die die Strafe der Verkehrsordnungswidrigkeit übernehmen, machen sich laut Aussage des Kraftfahrt-Bundesamtes gemäß § 271 StGB der gemeinschaftlichen mittelbaren Falschbeurkundung strafbar, wenn es sich bei dem Vergehen um eine Straftat (Fahrerflucht, grob fahrlässiges Verhalten etc.) handelt.“ Stand (07.2020) trifft das also auf Verfahren zu, die nicht als Ordnungswidrigkeit (zu schnelles Fahren, Abstand, Rotlicht vergehen) deklariert sind. Der Punktehandel im Bereich der Ordnungswidrigkeiten ist also NICHT strafbar.
- Gibt es dazu Urteile? das OLG Stuttgart (Beschluss vom 23.07.2015 – 2 Ss 94/15) aus dem Jahr 2015 begründete eine Verurteilung mit der Aussage der „bewussten Irreführung der Bußgeldbehörde“ sowie einer daraus resultierenden „falschen Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft„
- involvierte Personen müssen ebenfalls eine Strafe wegen Beihilfe fürchten
- als Alternative kann ein „Aufbauseminar“ besucht werden (Kosten je Seminar: 200 Euro)
PS. Wurde ein Fahrverbot ausgesprochen, dann gibt es unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit ein sogenanntes Gnadengesuch bei Gericht zu stellen. Mehr zu diesem Thema gibt es im folgenden Beitrag!
Das war’s natürlich längst noch nicht gewesen.
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