Montag , 19. Februar 2024
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Tuningteile als Ersatzteile deklariert? Achtung – Ärger droht!

Lesezeit 6 Min.

Tuningteile als Ersatzteile deklariert? Achtung – Ärger droht!

Immer wieder stoßen wir im Netz auf Angebote, die ein offensichtliches Tuningteil „als Ersatzteil“ offerieren und damit das Fehlen einer allgemeinen Betriebserlaubnis oder von einem Teilegutachten rechtfertigen. Doch wie ist die rechtliche Lage, wenn man ein solches Ersatzteil am Fahrzeug verbaut? Nach Rücksprache mit mehreren Prüforganisationen (Dekra, KüS, TüV, GTü – vielen Dank an dieser Stelle) fällt die Antwort kurz und knapp aus: „Ohne weitere Dokumentation ist zunächst von einer möglichen Gefährdung nach § 19.2 StVZO und somit dem Erlöschen der Betriebserlaubnis auszugehen. Eine Möglichkeit der Legalisierung ist der Nachweis eines Teilegutachtens mit entsprechender Anbaubegutachtung. Sollte kein Teilegutachten vorhanden sein, so kann nur noch ein Nachweis eines Technischen Dienstes darlegen, dass bei korrekter Montage keine Gefährdung und somit erlöschen der Betriebserlaubnis erfolgt.“

Tuningteile als Ersatzteile?

Tuningteile als Ersatzteile deklariert? Achtung – Ärger droht!

Die oben genannte Aussage stellt grundsätzlich klar, das ein solches Bauteil nicht einfach als Ersatzteil gilt und deshalb auch nicht einfach am Fahrzeug verbaut werden darf. Allerdings kommt es auch auf das Bauteil an und es kommt auch auf die Position am Fahrzeug an. Nehmen wir als Beispiel einen Satz Frontziergitter für einen BMW 5er. Hier ist es beliebt, die werksseitig oftmals verchromten Nieren gegen eine Variante in Schwarz und beispielsweise mit Doppelsteg zu ersetzen. Ein solches Set Frontziergitter gibt es nicht nur original von BMW, sondern auch von unzähligen Drittanbietern und „als eintragungsfreies Ersatzteil“ deklariert. Und da sich weder die Größe noch die Einbauposition, das Material und im Wesentlichen auch die Grundform nicht ändert, ist das dann auch korrekt. Der Satz Nieren darf verbaut werden ohne Eintragung oder irgendwelche Unterlagen. Bei einem Unfall ist nämlich davon auszugehen, dass sich die nachgerüstete Variante verhält (Splitterverhalten etc.) wie das Original.

Andere Optik? Anderes Material? Schwierig…

Tuningteile als Ersatzteile deklariert? Achtung – Ärger droht!

Anders schaut das dann aus wenn man etwa ein deutlich anderes und vielleicht sogar sehr großes Bauteil hernimmt. Bleiben wir bei der Marke BMW. Für viele Fahrzeuge wie auch den G30 5er gibt es unter anderem einen neuen Heckschürzeneinsatz mit der Optik vom Topmodell, dem M5. Auch dieses Bauteil wird häufig als Ersatzteil deklariert. Besonders im Hinblick auf die Optik ist die Form der Blende jedoch deutlich anders. Sie ist mit angedeuteten Finnen ausgestattet und besitzt trotz identischer Größe eine wesentlich andere Grundform.

Tuningteile als Ersatzteile deklariert? Achtung – Ärger droht!

Abweichend von der Angabe des Herstellers, der nicht BMW ist, handelt es sich nicht um ein Ersatzteil, da der Diffusor von der Gestaltung des Originalteils erheblich abweicht. Grundsätzlich sind in solch einem Fall pauschale Aussagen schwierig, das gilt sowohl für ein Ja als auch für ein Nein!

  • Wenn es den „Diffusor“ in dieser Form von BMW für das Fahrzeug z.B. als „wahlweise Ausrüstung“ gibt, dann erscheint die Aussage zum Thema „Ersatzteil“ schlüssig, da dann das Bauteil im Rahmen der EG-Typgenehmigung geprüft wurde (z.B. auf den Radius der äußeren Kanten). Voraussetzung wäre aber, dass das Teil in die „Gruppenfreistellungsverordnung“ fällt und deshalb tatsächlich als „Ersatzteil“ eingestuft werden kann.
  • Wenn der „Diffusor“ aber nicht in dieser Form von BMW für das Fahrzeug angeboten wird, dann ist die Aussage „es handelt sich um ein Ersatzteil und deshalb braucht es kein Teilegutachten/ABEnicht nachvollziehbar.

es kann, muss aber nicht, und bla bla…

Bleiben wir beim Diffusor für den G30 5er: Trotz der gleichen Befestigungspunkte besitzt das Austauschteil andere geometrische Formen und vielleicht auch andere abweichende Eigenschaften, die sich aus der neuen Geometrie ergeben. Somit ist eine pauschale Aussage, dass eine Verwendung ohne Weiteres möglich ist, schwierig. Im Regelfalle verfügen solche Teile über ein Prüfzeugnis, in den meisten Fällen ein Teilegutachten, da unter anderem das Splitterverhalten und die „Scharfkantigkeit“ geprüft werden müssen.

Tuningteile als Ersatzteile deklariert? Achtung – Ärger droht!

Ausnahmen hiervon können sich aber sehr wohl durch die Anbaulage am Fahrzeug ergeben, wodurch wiederum kein Prüfzeugnis notwendig wäre, da dann keine Gefährdung durch das Teil zu erwarten ist.

  • soll heißen: Würde es sich um einen Frontspoiler handeln, so ist die Gefahr groß, dass bei einem Unfall mit einem Menschen das Splitterverhalten des Bauteils zu Verletzungen führt, die es mit der Serienschürze nicht gegeben hätte. Hier ist eine legale Nutzung ohne Unterlagen gewissermaßen ausgeschlossen.
  • aber: Der Heckschürzeneinsatz dürfte im Hinblick auf einen solchen Unfall irrelevant sein. Natürlich kann auch beim Rückwärtsfahren ein entsprechender Unfall mit einer Person passieren, die Chance ist aber gering. Und selbst wenn, muss erst einmal belegt werden, dass das OEM-Bauteil die Verletzungen nicht auch hervorgerufen hätte. Besonders wenn das Bauteil, wie auch das OEM Bauteil, aus ABS Kunststoff gefertigt ist, dann dürfte dieser Nachweis schwer zu erbringen sein. Von seriösen Herstellern wird aber dennoch ein sogenanntes „Negativgutachten“ mitgeliefert, was bescheinigt, dass kein Prüfzeugnis für das Bauteil notwendig ist. Ganz anders schaut es natürlich bei einem Bauteil aus GFK oder eventuell Carbon aus.

Besser ein Anruf, ein Termin oder ein Gutachten!

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Soll es unbedingt ein solches Teil ohne gültiges Prüfzeugnis (z.B. ABE, Teilegutachten) und ebenso ohne Negativgutachten sein, dann empfehlen wir dringend, das Fahrzeug einer unterschriftsberechtigten Person eines technischen Dienstes, der die Befugnis für Einzelabnahmen besitzt, vorzustellen und den Anbaufall begutachten zu lassen. Ist keine Eintragung vonnöten, so kann der Gutachter häufig ein sogenanntes Negativgutachten ausstellen, womit beispielsweise auch bei Polizeikontrollen keine Gefahr zu erwarten ist.

Fazit zum Thema Tuningteil als Ersatzteil!

Ein Ersatzteil ist ein Teil, welches in Gestaltung, Funktion und Material dem Originalteil im Wesentlichen entspricht. Umgekehrt gesagt, erlischt die Betriebserlaubnis eines Fahrzeugs, wenn eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist. Wird ein vom Originalteil abweichendes Karosseriebauteil verbaut, so liegt eine Änderung vor und es ist eine Gefährdung zu erwarten. Mögliche Gefährdungen wären im Fall vom Heckdiffusor für den 5er-BMW: mangelhafte Befestigung (die Befestigung muss bis Höchstgeschwindigkeit und auch bei sehr niedrigen Temperaturen sicher gewährleistet sein), scharfe Kanten, scharfkantiges Splittern bei schlagartige Belastung, Brand im Bereich der Abgasanlage und Negativeinfluss auf die Aerodynamik (Auftrieb).

Tuningteile als Ersatzteile deklariert? Achtung – Ärger droht!

Ebenso ist zu bedenken, dass die Abschleppvorrichtung verwendbar bleiben muss. Diese Punkte wären im Rahmen einer Begutachtung zu prüfen bzw. einzuschätzen. Mindestvoraussetzung für eine Einzelabnahme wäre jedoch ein geeignetes Materialgutachten und die Möglichkeit das Teil dem Materialgutachten zuzuordnen (Kennzeichnung). Im konkreten Fall mit dem Diffusor hat das Teil augenscheinlich eine andere Form und es gibt sogar Änderungen der passiven LTE (Rückstrahler). Somit ist von einer Änderung auszugehen, die im Einzelfall begutachtet werden muss.

Das war es natürlich längst noch nicht gewesen.

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Über Thomas Wachsmuth

Thomas Wachsmuth - Seit 2013 ist er ein integraler Bestandteil von tuningblog.eu. Seine Leidenschaft für Autos ist so intensiv, dass er jeden verfügbaren Cent darin investiert. Während er von einem BMW E31 850CSI und einem Hennessey 6x6 Ford F-150 träumt, fährt er aktuell einen eher unauffälligen BMW 540i (G31/LCI). Seine Sammlung an Büchern, Heften und Prospekten zum Thema Autotuning hat mittlerweile solche Ausmaße erreicht, dass er selbst zu einem wandelnden Nachschlagewerk der Tuningszene geworden ist.  Mehr über Thomas

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