Handgerissen: Lohnt der Umbau von Automatik auf Handschalter?

Kürzlich aktualisiert am 31. Januar 2020 um 08:23 Uhr

Immer wieder kommt die gute alte Frage auf: „Schaltung oder Automatik“? Was sind die Stärken und was sind die Schwächen? Dazu noch ein paar Vorteile wie „Automatik fahren nur lahme Enten“, „Handschalter ist was für Raser“ usw. Und dann noch die Parolen am Stammtisch über den hohen Verbrauch und die schlechten Fahrleistungen und unzählige weitere Argumente. Doch zum größten Teil stimmen diese Aussagen heute nur noch zum Teil. Eine moderne Wandlerautomatik oder ein Doppelkupplungsgetriebe steht einem Handschaltgetriebe nämlich in nichts mehr nach, im Gegenteil, die Automatik kann heute vieles sogar besser. Dennoch stellt man vielleicht fest, dass die getroffene Wahl für einen persönlich nicht die Richtige war. Dann kann man einen Umbau ins Auge fassen.

das Basisfahrzeug ist entscheidend

Wenn du dein Auto, das serienmäßig mit einem Automatikgetriebe ausgerüstet ist, auf Handschaltung umbauen, stellen sich unter anderem folgende Fragen:

1. Um welches Modell handelt es sich genau?
2. Gibt es in der gleichen Modellreihe auch vom Hersteller Fahrzeuge mit Schaltgetriebe, die passen könnten?
3. Müssen für den Einbau des Kupplungspedals Löcher in die Spritzwand gebohrt werden, die noch nicht vorgesehen waren?
4. Hat dein Auto bereits ein CAN-BUS-System (ca. 2000, ab 2001 Pflicht in Deutschland)
5. Ist das Automatikgetriebe schon elektronisch?
6. Wenn ja: Hat das Automatikgetriebe noch ein eigenes Steuergerät oder ist es bereits voll in die Haupt-ECU integriert?

viele Komponenten werden benötigt

Wie du siehst, hängt die Beantwortung der Frage, ob ein Umbau möglich ist von vielen Faktoren ab. Nehmen wir als Beispiel doch das beliebte Driftauto Nissan 200 SX S13. Hier gab es entweder ein 5-Gang-Schaltgetriebe oder gegen Aufpreis eine elektronische 4-Gang-Automatik. Möchte man nun seine AT-S13 in eine MT-S13 verwandeln, benötigt man folgende Dinge:

• Getriebe vom Schalter
• Steuergerät vom Schalter
• Kupplungspedal mit Kupplungsgeberzylinder inkl. Ausgleichsbehälter
• Kupplungsnehmerzylinder
• schmaleres Bremspedal vom MT oder das alte Pedal so bearbeiten, dass es passt
• Schaltsack mit Abdeckung für das Loch, durch das der Schalthebel in den Innenraum reicht
• Ausrücklager
• Passende Schrauben für Schwungscheibe
• Dichtungsbleche zweiteilig beim Schalter
• Pilotlager bzw. Stützlager, Lagerabzieher um das alte Lager zu entfernen
• Eine gute Hydraulikleitung mit 1,50m Länge für die Verbindung vom Geber- an den Nehmerzylinder
• Den vorderen Teil der Kardanwelle (ist beim AT unterschiedlich zum MT)

Unsere Aufstellung beinhaltet die wesentlichsten Dinge, wobei diverser Kleinkram hier noch fehlen kann. Trotzdem ist es schon eine beeindruckende Liste und wenn man die benötigten Teile zusammen hat, steht die eigentliche Arbeit noch aus.

im Wesentlichen die Übersicht zum Einbau

In Kurzform: Altes Automatikgetriebe ausbauen, Loch für das Kupplungspedal bohren, Pedal montieren, Geberzylinder einbauen, Schaltgetriebe einsetzen, Steuergerät tauschen, alles festziehen und die Flüssigkeiten befüllen. Arbeitsaufwand ca. 15 Minuten^^ (Scherz). Das alles hört sich natürlich extrem leicht an, das ist aber definitiv nicht der Fall. Solch ein Umbau funktioniert in der Regel nie reibungslos und ohne Probleme denn oftmals sind auch die Eckdaten vom Fahrzeug nicht mehr identisch mit denen der Serie. Wer beispielsweise das oben erwähnte Driftfahrzeug umbauen möchte der wird mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits eine deutliche Leistungssteigerung, Änderungen an der Lenkgeometrie und auch am Fahrwerk vorgenommen haben. Auch das können alles Eigenschaften sein, die den Umbau auf das Handschaltgetriebe noch weiter erschweren.

Warum der Umbau von Automatik auf Schaltgetriebe?

Dafür kann es mehrere Gründe geben. Hier ebenfalls am Beispiel einer S13:

1. Das Schaltgetriebe hat einen Gang mehr und damit kürzere Gangsprünge
2. Das Automatikgetriebe ist mit seiner Elektronik empfindlicher für Schäden und Ausfälle
3. Man kann das Automatikgetriebe nur bedingt selbst schalten
4. Die Beschleunigung mit dem Schaltgetriebe ist spürbar besser (7,5 zu 9,3 Sekunden für den Sprint von 0-100 km/h beim S13)
5. Das Schaltgetriebe ist leichter
6. Das Schalten per Hand empfinden viele Fahrer eines Sportwagens immer noch als sportlicher
7. Für das Schaltgetriebe gibt es Tuningteile wie Schaltverkürzungen
8. Zum Driften ist ein AT-Getriebe zwar nicht völlig ungeeignet, aber ein Schaltgetriebe funktioniert, insbesondere bei älteren Fahrzeugen einfach besser

Ob sich der Umbau für einen selbst lohnt, kannst du nur für dich entscheiden. Am besten ist es natürlich, wenn du dich vorab ausreichend informierst und vielleicht jemanden findest, der die Prozedur schon einmal bei deinem Modell durchgeführt hat. Er oder Sie kennt dann wahrscheinlich alle Tricks und auch die möglichen Probleme.

moderne Fahrzeuge Umrüsten? Extrem aufwändig

Beim oben angesprochenen Nissan 200sx S13 ist der Umbau eventuell noch irgendwie zu bewerkstelligen. Doch hat man beispielsweise die BMW M5 Limousine (F90) mit der GA8HP75Z-Achtgang M Steptronic vor sich und möchte hier irgendwie auf Handschaltung umbauen ist das Unterfangen nahezu unmöglich. Und das gilt auch für das umgekehrte Szenario, wenn man einen Handschalter auf Automatik umrüsten möchte. Aktuelle Fahrzeuge besitzen eine extrem komplexe Technik, es gibt mitunter keine Handschaltung mehr ab Werk auf die man zurückgreifen könnte, und dann noch eine Werkstatt finden, die es dennoch angeht, wird wohl ziemlich schwer. Weiter dürfte es wohl auch kaum einen plausiblen Grund geben dieses phänomenale Stück Hightech zu ersetzen. Ein gut funktionierendes modernes Automatikgetriebe ist eine komfortable Angelegenheit und ein tolles Stück Technik. Wir plädieren daher dafür: Lasst die ATs leben.

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