Geplant ist es, für das Auto runderneuerte Reifen zu kaufen? Der Preis und der Umweltaspekt sprechen dafür. Doch sind sie sicher und gut? Neben dem Preis und dem ökologischen Aspekt gibt es noch andere Faktoren, die für und gegen einen Kauf von runderneuerten Reifen sprechen. Doch sind runderneuerte Reifen auch mit Neureifen vergleichbar und wie steht es um die Sicherheit? Wir haben alle Fakten zu diesem Thema für Sie zusammengefasst.
Runderneuerte Reifen oder Neureifen?
Wenn die Winter- oder Sommerreifen bereits die besten Zeiten hinter sich haben, sind Autofahrer dazu verpflichtet diese zu ersetzen. Viele wollen dabei aber nicht allzu tief in die Tasche greifen. Daher sind neben hochwertigen Neureifen oft auch billige Neureifen aus Fernost oder Gebrauchtreifen eine Option. Erstaunlicherweise weniger bekannt sind sogenannte runderneuerte Reifen. Dabei handelt es sich um Altreifen, welche durch das Auftragen einer neuen Lauffläche aussehen wie direkt aus der Fabrik.
Runderneuerte Reifen: Was bedeutet der Begriff?
Runderneuerte Reifen sind nichts anderes als neuwertige Pneus, welche aus bereits gebrauchten Reifen hergestellt werden. Es gibt zahlreiche Firmen, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben. Sie kaufen gebrauchte Reifen auf und tragen auf dem Unterbau der Reifen, der Karkasse, eine komplett neue Laufflächenmischung auf. So sehen die Reifen wieder aus wie neu.
Die neu aufgetragene Mischung eignet sich für alle Reifenarten, wie etwa Sommer-, Winter oder Ganzjahresreifen. Wenn die runderneuerten Winterreifen zudem das Alpine-Symbol, also eine Schneeflocke in einem dreizackigen Berg tragen, entsprechen sie auch allen Anforderungen der deutschen Winterreifenpflicht.
Wo können Sie runderneuerte Reifen kaufen?
Während runderneuerte Reifen in der Nachkriegszeit und der in der DDR vorherrschenden Materialknappheit recht beliebt waren, gibt es mittlerweile in Deutschland nur noch zwei Werke, die solche Reifen herstellen. In Dissen (Niedersachsen) werden runderneuerte Reifen vom Unternehmen „Reifen Hinghaus“ unter dem Markennamen „King Meiler“ hergestellt. Mit der Firma Rigdon gibt es in Günzburg eine weitere Firma, die runderneuerte Reifen produziert. Mittlerweile ist aber das Internet zum Hauptvertriebskanal für runderneuerte Reifen geworden.
Wie sieht es mit dem Preisunterschied aus?
Runderneuerte Reifen sind aufgrund der vorhandenen Karkasse natürlich günstiger als Neureifen. Im Vergleich zu Premium-Neureifen können locker 50 Prozent gespart werden, bei günstigeren Neureifen aus Fernost ist die Ersparnis mit rund 20 Prozent jedoch geringer. Keine Alternative sind Gebrauchtreifen, diese sind oft bereits beschädigt und können deshalb zu Unfällen führen.
Wie werden runderneuerte Reifen hergestellt?
Mittels Lasertechnologie wird die Karkasse der Gebrauchtreifen durchleuchtet und stark beschädigte Reifen werden aussortiert. Anschließend wird der alte Laufflächengummi mittels Raumaschinen bis zur Kontur abgetragen. Anschließend wird mittels Belege-Extruder eine neue Rohgummimischung aufgetragen. Dann wandert der Reifenrohling in die Heizpresse, wo er unter einem Druck von 15 bar und bei einer Temperatur von 160 °C das neue Profil bekommt. Während diesem Prozess geht der Gummi durch die sogenannte Vulkanisation vom plastischen in den elastischen Zustand über.
Sind runderneuerte Reifen umweltfreundlicher?
Runderneuerte Reifen sind allemal umweltfreundlicher als Neureifen. Jährlich fallen in Deutschland rund 60 Millionen Altreifen an, davon wird aber nur die Hälfte zu Gummigranulat verarbeitet, welches später in Sportparks als Kunstrasen oder als Belag für Laufbahnen zum Einsatz kommt oder zur Herstellung von Dämmmatten verwendet wird.
Da zur Herstellung von runderneuerten Reifen aber auch die Karkasse wieder verwendet wird, kommt es zu einem geringeren Verbrauch von Rohmaterialien wie Stahl oder Gummi. Nehmen wir als Beispiel einen schweren Lkw, hier würden durch runderneuerte Reifen ca. 50 kg Rohmaterial einspart werden. Zudem wird bei der Herstellung von runderneuerten Reifen auch 80 Prozent weniger Wasser, 70 Prozent weniger Rohöl und 50 Prozent weniger Energie verbraucht, als bei der Neureifenproduktion.
Wie sieht es mit der Sicherheit aus?
Die Runderneuerung von Reifen hat sich bereits über viele Jahre bewährt und wird vor allem bei Nutzfahrzeugen oft angewandt. Runderneuerte Reifen kommen oft bei Landmaschinen zum Einsatz, finden aber auch im Motorsport oder bei Flugzeugen häufig Verwendung. Bei Flugzeugreifen ist statistisch gesehen jeder dritte Reifen ein Runderneuerter und die Karkassen werden in der Regel bis zu sieben-Mal verwendet.
Grundsätzlich gelten wie für Neureifen auch für runderneuerte Reifen strenge Vorgaben. Laut Gesetzgeber darf jede Karkasse nur einmal wieder aufgebaut werden. Jeder weitere Aufbau ist verboten. Zudem dürfen runderneuerte Reifen in der EU nur dann verkauft werden, wenn sie der ECE R 108-Norm genügen und über ein E-Prüfzeichen verfügen. Dieses kennzeichnet sich durch einen speziellen Zahlencode. Der Zahlencode E1 steht beispielsweise für Deutschland.
Runderneuerte Reifen sind zudem mit einem „R“ gekennzeichnet. Dieses steht für „runderneuert“, „retread“ oder „retreaded“. Neben dieser Bezeichnung sind am Reifen noch die Reifengröße, die Geschwindigkeitsklasse, der Lastindex und das Datum der Runderneuerung (DOT-Zahl) angegeben. Bei Neureifen würde die DOT-Zahl das Herstellungsdatum der Reifen angeben. PS: Alle Infos zu den Zahlen und Buchstaben auf dem Reifen gibt es in unserem Beitrag „Erklärung! Was sagen die Reifenbezeichnungen aus?„.
Und die Qualität von runderneuerten Reifen?
Die Qualität von runderneuerten Reifen wurde vom ADAC zwischen 2003 und 2011 mehrfach getestet. Während recycelte Winterreifen anfangs auf Schnee, Nässe und trockenen Fahrbahnen noch nicht ideal performten, hat sich das Niveau von runderneuerten Reifen über die Jahre hinweg deutlich gebessert, vor allem auf Schnee. Der Ridgon MS179 von Ihle zum Beispiel wurde vom ADAC sogar als „empfehlenswert“ eingestuft. Ein Nachteil von runderneuerten Reifen ist jedoch die Lautstärke. Da die Verbindung zwischen Unterbau und Laufstreifen nicht aus einem Guss stammt, verursachen recycelte Reifen deutlich mehr Lärm.
Und es gibt auch noch einen größeren Nachteil: Beim Kauf von mehreren (2 oder 4 Stück) runderneuerten Reifen besteht die Gefahr, dass Sie nicht auf der gleichen Karkasse aufgebaut sind, auch wenn die Reifen das gleiche Profil haben. Schlimmstenfalls sind 4 verschiedene Karkassen unter dem gleichen Profil. Dies kann zu unterschiedlichen Fahreigenschaften der Räder führen. In Extremsituationen kann das gefährlich werden, denn nicht umsonst wird dazu geraten am Fahrzeug immer denselben Reifentyp zu montieren.
Aufgrund des rückläufigen Kundeninteresses an runderneuerten Reifen beendete der ADAC 2011 die Tests. Zudem mussten viele Hersteller Konkurs anmelden, da die Aufwendungen für Sicherheitstechnologie wie Röntgenverfahren, Druckprüfung oder Nagellochdetektoren zu teuer waren.
Besser nur an Nutzfahrzeugen!
Unser Fazit: Auch wenn runderneuerte Reifen aus wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten an Bedeutung gewinnen, werden sie die aus Fernost stammenden Billigreifen nicht vom Markt verdrängen können. Viele Autofahrer greifen auch trotz des günstigeren Preises auf Neureifen zurück, da bei Neureifen die Herkunft eindeutig verfolgt werden kann.
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