Gesetz"Idiotentest": Wie besteht man die MPU?

„Idiotentest“: Wie besteht man die MPU?

Es kann schnell gehen, zu schnell zu fahren. Auch eine rote Ampel wird mal übersehen oder ein alkoholisches Getränk zu viel genossen. Doch bei wem die Überschreitung von Verkehrsvorschriften zur Gewohnheit wird, der muss unter Umständen seinen Führerschein abgeben. Und in Extremfällen erhält er ihn nach Ablauf der Sperrfrist nicht automatisch zurück. Vielmehr kann die zuständige Verkehrsbehörde Betroffene zu einer medizinisch-psychologischen Untersuchung verpflichten: selbst für erfahrene Verkehrsteilnehmer kein Spaziergang. Mit der richtigen Vorbereitung sollte dem Bestehen der auch als MPU oder Idiotentest bezeichneten Prüfung allerdings nichts entgegenstehen.

Was verbirgt sich hinter dem medizinisch-psychologischen Gutachten?

Nicht erst seit der Verschärfung des Bußgeldkatalogs Ende 2021 sind Punkte in Flensburg schnell gesammelt. Zu viele von ihnen, die Verursachung grob fahrlässiger Unfälle oder anderweitige folgenschwere Straßenverkehrsdelikte können jedoch den Entzug des Führerscheins bedeuten. Ob der Betroffene ihn zurückerhält, entscheidet unter Umständen ein medizinisch-psychologisches Gutachten.

Seit 1954 bereits gibt es die MPU in Deutschland. Zwar dient sie auch dazu herauszufinden, ob physisch oder psychisch eingeschränkte Personen zur Führerscheinprüfung zugelassen werden. Häufiger jedoch soll mit ihr ermittelt werden, ob auffällige Verkehrsteilnehmer künftig ohne Gefahr für die Allgemeinheit ein Kraftfahrzeug führen können. Deren Zahl ist gewaltig: Rund 100.000 Betroffene müssen sich jährlich dem „Idiotentest“ unterziehen. Eingebürgert hat sich dieser Begriff in den alltäglichen Sprachgebrauch nicht grundlos. Wer überflüssigerweise seinen Führerschein riskiert, gilt allgemein als mehr als nur unvernünftig.

Wem eine MPU auferlegt wird, entscheidet die zuständige Fahrerlaubnisbehörde. Gemäß § 2 Abs. 8 Straßenverkehrsgesetz darf sie abhängig von Person und Delikt nach eigenem Ermessen die Untersuchung anordnen. Einzige Voraussetzung: Es müssen objektive Tatsachen vorliegen, die Bedenken gegen eine Fahreignung begründen.

Nicht auf die leichte Schulter nehmen

Wer sich einer MPU unterziehen muss, erhält hierüber ein offizielles behördliches Schreiben. Es enthält Details zu der Durchführung, Zeiten und Orten möglicher Fahrtauglichkeitsuntersuchungen. Vorschnell sollten sich Betroffene allerdings nicht anmelden. Denn nicht nur müssen sie die Kosten selbst tragen, die unter den Anbietern teils stark variieren. Vor allem sollten sie sich Zeit für eine ausführliche Vorbereitung nehmen. Denn eigentlich gut Auto zu fahren und Verkehrsregeln zu kennen, reicht zum Bestehen des Idiotentests nicht aus. Bei bis zu 50 Prozent aller Prüflinge werden die ersten Tests negativ beschieden: eine Quote, die so hoch nicht sein müsste. Wer sich intensiv auf die Untersuchung vorbereitet, liefert den Verantwortlichen keinen Grund zum weiteren Einbehalten des Führerscheins.

Vorbereitung auf drei Bereiche

Abhängig von ihrer individuellen Situation müssen Prüflinge im Einzelfall spezifische Nachweise erbringen. Grundsätzlich jedoch sind alle medizinisch-psychologischen Gutachten gleich aufgebaut. Sie teilen sich in die drei Abschnitte eines physischen Tests, einer psychologischen Befragung und einer sogenannten Leistungsdiagnostik. Optional kann eine Überprüfung des praktischen Fahrverhaltens angeordnet werden. Zum Bestehen der MPU ist ein positives Testergebnis in allen Bereichen erforderlich. Wer durch einen Teil der Prüfung fällt, muss den gesamten Idiotentest wiederholen.

1. Körperliche Untersuchung

  • Die körperliche Untersuchung ist der rein medizinische Teil der MPU. Mit ihr sollen die Amtsärzte mögliche für eine Fahreignung relevante Erkrankungen ausschließen. Abhängig von ihrer Vorgeschichte werden Testpersonen oftmals auch auf Alkohol- oder Drogenmissbrauch geprüft. Dabei werden ihnen Blut-, Urin- oder Haarproben abgenommen und diese im Labor auf Rückstände von Pharmazeutika oder Suchtstoffe kontrolliert. Häufig wird hier zur Beweisführung gegen eine vermutete Abhängigkeit ein sofortiger Verzicht der Betäubungsmittel angeraten. Doch man kann auch eine MPU ohne Abstinenznachweis bestehen. Zwar lassen sich verantwortliche Gutachter durch entsprechende Zertifikate teils positiv beeinflussen. Rechtlich erforderlich für den Wiedererhalt des Führerscheins sind sie jedoch nicht.
  • Allerdings werden Prüflinge ohne Abstinenznachweis in der Regel besonders auf ein reflektiertes Auftreten überprüft. Sie sollten daher überzeugend ihr verantwortungsvolles Verhalten im Umgang mit Genussmitteln darlegen und glaubhaft einen künftig limitierten Konsum versprechen können. So ist es möglich, auch ohne kompletten Verzicht auf Drogen oder Alkohol die MPU zu bestehen. Wann in Missbrauchsfällen von Alkohol oder Betäubungsmitteln eine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgesprochen werden darf, obliegt nicht ausschließlich der Einschätzung des Arztes. Explizite Regelungen finden sich zudem in § 13 der Fahrerlaubnis-Verordnung.
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2. Psychologisches Gespräch

  • Auf diesen Teil des Idiotentests sollten sich Betroffene besonders gut vorbereiten. Denn ähnlich wie bei beruflichen Einstellungsgesprächen werden hier nicht nur unzählige Fragen gestellt, sondern auch unerwartete. Durch sie sollen die Selbsteinschätzung der vergangenen Fahrfehler beleuchtet und künftige Fehlverhalten ausgeschlossen werden. Eine kurze Stellungnahme, in der Reue gezeigt und Besserung gelobt wird, reicht dabei nicht aus. Vielmehr möchten die Gutachter mit ihren Fragen der gesamten Persönlichkeitsstruktur des Prüflings näherkommen. Wie wahrscheinlich ist eine Wiederholung des begangenen Delikts? Hat der Betroffene aus seinem Vergehen gelernt, setzt er sich ehrlich mit der aktuellen Situation auseinander?
  • Ganz besonders wichtig ist es hier, stets bei der Wahrheit zu bleiben. In der Regel wird der komplette Gesprächsverlauf aufgezeichnet und im Zweifelsfall erneut angehört. Wer sich im Laufe der Befragung selbst widerspricht, verschlechtert seine Chancen auf das Bestehen der MPU. Wer allerdings dem Verkehrspsychologen ohne Zurückhaltung mögliche Gründe für sein Fehlverhalten nennt, erringt häufig dessen Wohlwollen. Denn für Probleme bei der Arbeit oder in der Beziehung muss sich niemand rechtfertigen. Sie sollten nur der Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges künftig nicht mehr im Wege stehen.

3. Geistige Leistungsdiagnostik

  • Hinter dem als Leistungsdiagnostik bezeichneten dritten Teil der MPU verbirgt sich ein standardisierter Verhaltenstest. Mit ihm werden die Aufmerksamkeitsspanne, die Reaktionsschnelligkeit sowie die Konzentrationsfähigkeit des Prüflings getestet. Auch hier werden die Übungen anhand des begangenen Fehlverhaltens individuell zusammengestellt, unter Umständen wird auch die körperliche Fitness auf die Probe gestellt.

Welche Vorbereitungskurse sind empfehlenswert?

Vor allem auf die Teilbereiche der psychologischen Unterredung sowie der Leistungsdiagnostik können sich Betroffene in speziellen Kursangeboten perfekt vorbereiten. In simulierten Gesprächen sind die Prüflinge dazu verpflichtet, sich mit ihrem Fahrverhalten auseinanderzusetzen. Zudem werden sie durch hilfreiches Feedback durch den Kursleiter auf mögliche Argumentationsschwächen hingewiesen und können Selbstsicherheit bei der Beantwortung auch unangenehmer Fragen erlernen. Auch die Konzentrationsfähigkeit lässt sich relativ einfach steigern. Durch schriftliche und visuelle Übungen können das Gedächtnis geschult und die Aufmerksamkeit während der MPU aufrechterhalten werden. Inzwischen ist der Nutzen professioneller Vorbereitungsmaßnahmen auf eine Tauglichkeitsuntersuchung hinlänglich bekannt. Doch aus dieser Tatsache schlagen auch unseriöse Anbieter Profit. Privatunternehmen, die überdurchschnittlich hohe Kosten aufrufen oder einen Erfolg garantieren, sollten mit Vorsicht bedacht werden.

Auf der sicheren Seite sind Betroffene mit der Inanspruchnahme zertifizierter Organisationen wie dem TÜV, der Gesellschaft für Arbeits-, Verkehrs- und Umweltsicherheit mbH oder der DEKRA. Auch ausgebildete Psychologen und amtlich anerkannte Begutachtungsstellen garantieren vertrauenswürdige Beratungen. Schließlich können auch reine Online-Kurse gebucht werden. Viele von ihnen sind inhaltlich profund, bieten jedoch gegenüber einem persönlichen Gespräch oftmals keine konstruktive Rückmeldung durch einen fachkundigen Kursleiter. Doch gerade dieses professionelle Feedback kann mit über den Ausgang der MPU entscheiden. Das Ergebnis der MPU wird den Betroffenen sofort mitgeteilt. Fällt es positiv aus, folgt binnen kurzem eine schriftliche Bestätigung, aufgrund derer der Führerschein wieder erteilt wird.

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