Wird die Vollkasko-Versicherung nach einem Motortuning gekürzt? Dieser Frage wird nachfolgend ausführlich nachgegangen. Viele Tuner setzen auf ein Leistungstuning des Motors und fragen sich daher, ob eine Versicherung eine Leistung ablehnen oder kürzen kann, wenn ein Motortuning erfolgt ist. Es ist ratsam, sich diese Fragen, vor dem Motortuning zu stellen. Wurde eine Leistungssteigerung des Motors durchgeführt und es kommt zu einem Schadensfall, dann kann das unter bestimmten Umständen zu Schwierigkeiten mit der Kfz-Versicherung führen. Das OLG Saarbrücken musste in einem Fall urteilen, bei dem ein Fahrzeugführer die Kontrolle über das Auto verloren hat. Das Fahrzeug prallte gegen eine Tunnelwand und es entstand ein hoher Schaden.
Motortuning meldepflichtig
Für eine Kfz-Versicherung ist es ein Unterschied, ob ein Auto 200 oder 400 PS hat. Wurde der ursprüngliche und der Versicherung bekannte Motor durch eine leistungsstärkere Variante beispielsweise ausgetauscht, dann kann das für die Versicherung relevant sein. Ob eine Vollkaskoleistung gekürzt wird oder komplett wegfällt, mit dieser Frage hat sich in einem Schadensfall das Landgericht Saarbrücken auseinandersetzen müssen.
Auto vor die Tunnelwand gesetzt – Unfallursache wichtig
Im vorliegenden Fall krachte ein 405 PS starker Chevrolet Cabrio gegen eine Tunnelwand. Das Fahrzeug wurde vom Fahrzeugführer aufgrund einer roten Ampel abgebremst. Der Fahrzeugführer betätigte aber versehentlich das Gaspedal, als er von der Bremse abrutschte. Das Fahrzeug beschleunigte in der Folge und prallte gegen die Tunnelwand. Es wurde ein Fahrzeugschaden von mehr als 23.000 Euro verursacht. Der Kfz-Versicherer lehnte die Regulierung des Schadens ab und versagte dem Fahrzeugführer die Vollkaskoversicherung. Die abgelehnte Leistung wurde damit begründet, weil der neue Motor mit mehr Pferdestärken in das Fahrzeug eingebaut wurde. Der Halter des Kfz hätte das Tuning des Motors von 243 PS auf 405 PS der Versicherung melden müssen. Das Tuning des Motors stelle, so die Versicherung, eine Erhöhung der Gefahr nach § 23 VVG dar.
Der Fahrzeugführer klagte gegen die Versicherung und nannte entsprechende Argumente. Die Fachwerkstatt hätte nach dem Umbau nicht über notwendigen Einträge in die Fahrzeugpapiere informiert. Des Weiteren sei der Unfall nur durch das Abrutschen vom Bremspedal erfolgt und ein leistungsschwächerer Motor wäre nicht Unfall-verhindernd gewesen. Des Weiteren hätte der Fahrzeugführer, nach eigener Aussage, den Motor nicht aufgrund der Leistungssteigerung erworben. Die Versicherung argumentierte dagegen und ging sehr wohl von einem bewussten Leistungstuning aus. Die Versicherung argumentierte zudem, dass der Fahrzeughalter und Kläger über die Eintragungspflicht des Motors von der Fachwerkstatt belehrt wurde. Des Weiteren sei die Pflicht zur Eintragung eines leistungsgesteigerten Motors bekannt. Die Klage des Fahrzeugführers wurde in der ersten Instanz abgewiesen. Im Berufungsverfahren beschäftigte sich das OLG Saarbrücken mit dem Fall und urteilte im Sinne der Versicherung.
Gefahrenerhöhung durch den neuen Motor
In dem Urteil des OLG Saarbrücken vom 04.03.2020 (Az.: 5 U 64/19) wurde ausgeführt, dass die Versicherungsleistung im verhandelten Fall gekürzt werden darf. Die Kürzung von zwei Dritteln der Leistung wurde als vom Gericht angemessen angesehen. Die Leistungshöhe, so das Gericht, sollte vom Verschulden des jeweiligen Versicherungsnehmers abhängen. In schweren Fällen wäre, laut dem Urteil, auch eine Leistungsfreiheit möglich. Das Motortuning führte zu einer Gefahrenerhöhung. Der Kläger hätte den Einbau des Motors dem Versicherer mitteilen müssen. Die Meldepflicht wurde, so das Urteil, grob fahrlässig verletzt.
zusammengefasst:
- der Einbau eines stärkeren Fahrzeugmotors und dessen Benutzung ist eine beachtliche Gefahrenerhöhung
- Verletzung der Gefahrstandspflicht ist grob fahrlässig
- Versicherungsnehmer hätte wissen müssen, dass die Änderung den Eintritt des Versicherungsfalls wahrscheinlicher macht
- ein derart aufwendiger Umbau verändert den Charakter des Fahrzeugs in grundlegender Weise
- die Modifikation bewirkt eine nicht unerhebliche (§ 27 VVG) Steigerung vom Unfallrisiko, da der neue Motor in diesem Fall die Leistung des alten Motors um zwei Drittel überstieg
- Gefahrerhöhungen liegen auch vor, wenn über längere Zeit beispielsweise mit abgefahrenen Reifen oder mangelhafter Bremsanlage gefahren wird
- Umfang der Kürzung richtet sich nach dem Verschulden des Versicherungsnehmers
- die Kürzung wird von den Gerichten im Einzelfall bewertet
- ist die Verletzung Vorsatz, kann sogar eine vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers zumutbar sein
- weitere Infos zur Tuning-Versicherung findet ihr hier
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