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Blitzer erhalten? Ist das Blitzerfoto vielleicht ungültig?

Lesezeit 6 Min.

Kürzlich aktualisiert am 23. Dezember 2020 um 06:18 Uhr

Blitzer erhalten? Ist das Blitzerfoto vielleicht ungültig?

Wir alle müssen und wollen mobil sein: egal ob für den Job, für die Kinder oder aus ganz anderen Gründen. Und scheinbar ist es auf Dauer gesehen nahezu unvermeidlich, dass man bei einer seiner Touren geblitzt wird und anschließend ein Ticket wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erhält. Man fühlt sich dann natürlich nicht gut, weil man denkt, dass der Vorwurf unumstößlich ist. Doch so ist es nicht unbedingt! Es gibt unzählige Fälle, in denen die Fotos der Radarkamera nicht nutzbar sind – in dem Falle wird das Verfahren eingestellt werden. Im Folgenden wird erklärt, wann man davonkommen kann. Eine Garantie ist unser Beitrag aber natürlich nicht!

Die teuren Fotos möchte keiner!

Blitzer erhalten? Ist das Blitzerfoto vielleicht ungültig?

Viel zu schnell ist es passiert, dass der rötliche Blitz einem die Stimmung vermiest. Man denkt erst mal drüber nach, um wie viele Kilometer pro Stunde man wohl die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten hat – und malt sich bereits die Folgen aus. Wie viel wird es wohl kosten oder gibt es sogar ein Fahrverbot? Meistens hat man dann schon nach einer Woche Post vom Ordnungsamt und damit die Gewissheit. Manchmal kommt der Bescheid aber auch gerade vor Ablauf der Frist und genau dann wenn man es schon fast vergessen hat. Oftmals wird das Ergebnis akzeptiert. Man sollte aber wissen, dass es tatsächlich auch fehlerhafte Aufnahmen gibt. Diese haben vor Gericht im Falle eines Rechtsstreits keinen Bestand. In dem Fall hat der Betroffene dann Glück gehabt. Doch wie erkennt man einen solchen Fehler?

Wenn der Fahrzeugführer schlecht identifizierbar ist!

Blitzer erhalten? Ist das Blitzerfoto vielleicht ungültig?

Der mit Abstand häufigste Grund für ein nicht gültiges Blitzerfoto ist die nicht mögliche Identifizierbarkeit des Fahrzeugführers zum Tatzeitpunkt. Entweder ist das Bild sehr unscharf oder das Foto ist nicht ausreichend belichtet. Im Besten Fall ist dann noch das Gesicht des Fahrers durch eine Sonnenbrille, den Rückspiegel, eine Corona-Schutzmaske oder die Sonnenblende verdeckt. Die wichtigste Regel bei einem Bescheid, der an Sie gerichtet ist: Sie dürfen niemals zugeben, dass Sie Fahrzeugführer waren. Ansonsten ist der Fall klar und es muss nichts mehr bewiesen werden. Dagegen kann man dann nichts mehr machen. Am besten ist es, wenn Sie zu dem Vorwurf nichts sagen. Das ist ihr gutes Recht, von welchem Sie jederzeit Gebrauch machen sollten. So muss ein Gericht schlussendlich nachweisen, dass dieses schlechte Foto Sie zeigt. Meist wird dafür sogar ein Gutachter beauftragt. Dieser wird dann ein sogenanntes anthropologisch-biometrisches Identitätsgutachten ausstellen. Dabei vergleicht der Gutachter das Blitzerfoto mit dem Betroffenen. Es gilt dann, so viele Hinweise auf dem Foto zu finden wie möglich, um sie zu identifizieren. Je weniger er findet, desto besser für Sie.

So ein Gutachten kostet viel Geld!

Blitzer erhalten? Ist das Blitzerfoto vielleicht ungültig?

So ein professionelles Gutachten hat aber seinen Preis. Über 2.000 EUR werden in der Regel dafür fällig. Zu beachten ist, dass die Kosten dieser Maßnahme Ihnen zur Last gelegt werden können. Das trifft aber nur im Falle einer erfolgreichen Identifizierung zu. Wenn Sie keine Rechtsschutzversicherung haben, ist ein Einspruch risikobehafteter. Das wohl markanteste Merkmal eines jeden Menschen sind die Proportionen der Ohren. Wenn sich die Proportionen der Ohren auf dem Bild mit ihren eklatant gleichen, dann lässt sich in den meisten Fällen eine Übereinstimmung zweifelsfrei feststellen. Im Winter ist das mit einer Mütze aber nur selten Gewährleistet und auch im Sommer kann Ihnen keiner eine Mütze im Fahrzeug verbieten. Aber auch die Stirnpartie wird, wenn sichtbar und nicht verdeckt, zum Vergleich genommen. Gleiches gilt natürlich für die Augenpartie und alle Teile vom Gesicht die erkennbar sind. Sollte sich mehrere Übereinstimmungen zweifelsfrei ermitteln lassen, dann sieht es eher schlecht für Sie aus. Für eine vollständige und unzweifelhafte Identifizierung müssen aber sieben Merkmale festgestellt werden, die ihr Aussehen mit der Erscheinung auf dem Bild decken.

In welchen Fällen lohnt sich ein Rechtsstreit?

Jetzt fragen Sie sich zurecht, wann sich ein Einspruch überhaupt lohnt? Verkehrsanwälte sagen, dass wenn ein Bild vom Blitzer gefertigt worden ist und eine schlechtere Qualität aufweist als ein Passbild, dann hat man zumindest eine Chance. Eine Garantie vor Gericht gibt es ohnehin nicht. Außerdem sollten Sie immer im Blick haben, um was es geht. Für die Androhung eines Fahrverbotes lohnt es sich eher als für ein simples Verwarngeld von einigen Euros. Besonders dann, wenn sie wissen, dass sie es auch waren.

Leichtes Spiel, wenn das Kennzeichen verdeckt ist

Blitzer erhalten? Ist das Blitzerfoto vielleicht ungültig?

Eines dürfte jedem klar sein: ist das Kennzeichen nicht lesbar, dann erhalten Sie wohl sowieso keine Post. Das ist natürlich der beste anzunehmende Fall. Das kann mehrere Ursachen haben: entweder ist die Kamera der Blitzeranlage defekt oder eben das Kennzeichen ist so verschmutzt, dass es unlesbar ist. Achtung: ein stark verschmutztes Kennzeichenschild ist aber eine Ordnungswidrigkeit. Werden Sie erwischt, werden Sie zur Kasse gebeten. Noch schlimmer erwischt es Sie bei der Nutzung sogenannter Kennzeichenflipper. Ist ein solches System verbaut, dann kann die sofortige Stilllegung erfolgen und eine Anzeige ist Ihnen auch sicher. Ähnlichen Ärger gibt es auch, wenn das Kennzeichen fehlt. Zumindest werden dann 60 Euro fällig. Und auch ein zu tief angesetzter Sonnenblendstreifen kann eventuell ein genaues Blitzerbild verhindern. Allerdings drohen auch in diesem Fall teils heftige Strafen, da auch für die Anbringung eines solchen Blendstreifens eine gesetzliche Vorgabe vorhanden ist.

Gründe für einen fehlerhaften / ungültigen Bescheid

  • Bußgeldbescheid hinsichtlich der Vollständigkeit und Korrektheit zu überprüfen
  • technische Fehler
  • nicht sachkundige Bedienung seitens der Messbeamten (nicht korrekt montiert, falscher Winkel und Abstand zur Fahrbahn, Messprotokoll nicht richtig ausgefüllt, keine Testfotos gemacht um den Blitzer zu kalibrieren, an keiner Schulung für den Umgang mit dem Blitzgerät teilgenommen – die Behörde MUSS den Nachweis erbringen)
  • Versäumnisse bei der Bearbeitung vom Bußgeldbescheid (Bearbeitungsdauer maximal 3 Monate ohne zwischenzeitliche Verlängerung)
  • keine Überprüfung der Messdaten durchgeführt
  • Blitzer-Foto nicht zweifelsfrei erkennbar / schlechte Qualität
  • ungünstige Sonneneinstrahlung
  • mehrere nebeneinander fahrende Fahrzeuge (vorgeschriebene Fotolinie für die Zuordnung muss vorhanden sein)
  • vorgeschriebener Mindestabstand zwischen Blitzer und Verkehrsschild zur Geschwindigkeitsbeschränkung nicht eingehalten (Vorschriften zum Abstand regelt jedes Bundesland selbst)
  • Eichdatum vom Radarwarner war zum Zeitpunkt der Geschwindigkeitsmessung abgelaufen (etwaige Reparaturen lassen die Eichung erlöschen)
  • Radarwarner ist nicht mit der aktuellen Software bespielt

Blitzer erhalten? Ist das Blitzerfoto vielleicht ungültig?

Ablauf wenn Sie ein Post von der Bußgeldstelle erhalten:

  1. Bußgeldbescheid hinsichtlich der Vollständigkeit und Korrektheit überprüfen (§ 66 OWiG sagt aus, was der Bußgeldbescheid enthalten muss*)
  2. Sie ahnen eine falsche Messung? Dann wägen sie ab, ob sich ein Einspruch lohnt. Ist das der Fall, dann innerhalb einer Frist von 14 Tagen Einspruch einlegen (danach ist der Bescheid rechtskräftig und kann nicht mehr angefochten werden).
  3. Rat von einem Anwalt für Verkehrsrecht einholen. (für den Einspruch ist dieser aber nicht zwingend erforderlich)
  4. Der Anwalt kann Akteneinsicht beantragen und das vollständige Messprotokoll anfordern.
  5. * das muss im Bescheid vorhanden sein:
    – persönliche Angaben des Betroffenen
    – Bezeichnung der Tat
    – Ort & Zeitpunkt des Vergehens
    – gesetzliche Merkmale der Ordnungswidrigkeit
    – angewendete Bußgeldvorschriften
    – Beweismittel
    – Geldbuße und Nebenfolgen
    – Hinweis auf Rechtskraft sowie Vollstreckbarkeit
    – wenn kein Einspruch eingeht, Hinweis, dass Einspruch für den Betroffenen auch nachteilig sein kann
    – Zahlungsfrist zwei Wochen
    – Belehrung zur Möglichkeit der Erzwingungshaft

Laut Urteil (Az.: 2 BvR 1616/18) des BVerfG vom 15. Dezember 2020 steht es übrigens jedem Autofahrer, der Zweifel am Blitzbescheid hat, zu, die Rohmessdaten des betroffenen Radargeräts kontrollieren zu dürfen. Mehr zu dem Urteil gibt es hier.

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Das war’s natürlich längst noch nicht gewesen.

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Über Thomas Wachsmuth

Thomas Wachsmuth - Seit 2013 ist er ein integraler Bestandteil von tuningblog.eu. Seine Leidenschaft für Autos ist so intensiv, dass er jeden verfügbaren Cent darin investiert. Während er von einem BMW E31 850CSI und einem Hennessey 6x6 Ford F-150 träumt, fährt er aktuell einen eher unauffälligen BMW 540i (G31/LCI). Seine Sammlung an Büchern, Heften und Prospekten zum Thema Autotuning hat mittlerweile solche Ausmaße erreicht, dass er selbst zu einem wandelnden Nachschlagewerk der Tuningszene geworden ist.  Mehr über Thomas

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